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Gabelstapler sind Flurförderzeuge, die im täglichen Betriebseinsatz durch ihre praktischen Eigenschaften überzeugen. Doch diese Stärken können bei unsachgemässer Nutzung beziehungsweise nicht ausreichender Befähigung zum Fahren eines Gabelstaplers ein Sicherheitsrisiko sein. Das betrifft vor allem ein mögliches Umkippen des Staplers bei Wende- und Bremsmanövern, Kurvenfahrten, schnellen Richtungswechseln oder Schwerpunktverlagerungen der transportierten Güter. Zudem fahren Gabelstapler mit vorne oder seitlich herausragenden Gabelzinken – und das mit Geschwindigkeiten bis zu 40 km/h.

Um das Unfallrisiko sowohl für die fahrzeugführende Person als auch für unbeteiligte Mitarbeitende so gering wie möglich zu halten, gelten für leistungsstarke Gabelstapler besondere Sicherheitsvorschriften. Viele Modelle dürfen nur mit einem speziellen Führerausweis und nach einer ausführlichen Unterweisung gefahren werden, die zudem regelmässig wiederholt werden muss.

In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche gesetzlichen Vorschriften beim Fahren eines Staplers gelten und in welchen Situationen die Unfallgefahr besonders hoch ist. Ausserdem finden Sie praktische Tipps, wie Sie das Staplerfahren lernen und die Sicherheit beim Umgang mit dem Flurförderzeug erhöhen können.

Bitte beachten Sie: In diesem Beitrag finden Sie einen Überblick über Richtlinien und Sicherheitshinweise, die sich auf Gabelstapler – sogenannte Gegengewichtsstapler – beziehen. Flurfördermittel wie Hubwagen oder Hochhubwagen werden nicht behandelt.

Gesetzliche Bestimmungen für das Fahren von Gabelstaplern

Die wichtigste Grundlage zum Staplerfahren bilden die Verordnung über die Unfallverhütung (VUV), insbesondere deren Artikel 6, 7, 8, 9, 11, 32a und 41, sowie die EKAS-Richtline 6518 „Richtlinie zur Ausbildung und Instruktion für Bediener von Flurförderzeugen“.

Eine der wichtigsten Bestimmungen für den sicheren Betrieb von Gabelstaplern betrifft die Voraussetzungen, die ein Mitarbeitender erfüllen muss, um überhaupt einen Stapler der definierten Kategorie R (zum Beispiel Gegengewichtsstapler) fahren zu dürfen:

  • Zunächst ist ein Mindestalter von 18 Jahren vorgeschrieben.
  • Darüber hinaus ist ein spezieller Führerausweis für Gabelstapler notwendig. Die Ausbildung erfolgt durch eine ausbildende Person des eigenen Betriebs oder durch eine zertifizierte Ausbildungsstätte.
  • Am Arbeitsplatz hat eine Zusatzinstruktion durch eine Fachperson des eigenen Betriebs oder die entsprechende Ausbildungsstätte zu erfolgen.

Den Führerausweis für Gabelstapler können Sie in einem zertifizierten Ausbildungszentrum ablegen. Die rechtliche Grundlage dafür bildet ebenfalls die EKAS-Richtlinie 6518 (Richtlinie zur Ausbildung und Instruktion für Bediener von Flurförderzeugen).

Abgesehen von den Anforderungen an die fahrzeugführende Person sollten auch zahlreiche weitere Aspekte beachtet werden, die Sie für den verantwortungsvollen und sicheren Einsatz von Staplern berücksichtigen müssen. Dazu gehören:

  • Standsicherheit
  • Tragfähigkeit
  • Ladungssicherung
  • Fahrverhalten (beladen und unbeladen)
  • Aufnehmen, Absetzen und Stapeln von Lasten
  • Auf- und Absteigen
  • Verlassen und Sichern des Gabelstaplers
  • Verkehrsführung im Lager und Betrieb (nötige Arbeitsgangbreite, Verhalten in Schmalgängen)
  • tägliche Funktionsprüfung vor dem Arbeitseinsatz
  • jährliche Sicht- und Funktionskontrolle durch Sachverständige (FEM-Prüfung)

Arbeitsunfälle mit dem Gabelstapler: Was gefährdet die Sicherheit am häufigsten?

Laut der Statistik über Unfälle mit Flurförderzeugen der SUVA ereigneten sich in der Schweiz im Jahr 2019 rund 2300 Unfälle im Zusammenhang mit Flurförderzeugen. Damit hat sich die Anzahl Unfälle innerhalb von 15 Jahren mehr als verdoppelt.

Zu den häufigsten Unfallsituationen beim Betrieb von Gabelstaplern zählen:

UnfallgeschehenUrsachen
Anfahrunfälle, bei denen der Stapler einen Dritten verletzt• zu hohe Geschwindigkeit
• ungenügende Sicht
• fehlende Bodenmarkierung
• enge Gänge und Rangierbereiche
• Unaufmerksamkeit oder Fahrlässigkeit des Fahrers oder des Geschädigten
Stapler kippt beim Anheben der Last oder in einer Kurve• Überschreitung der zulässigen Traglast
• ungleichmässige Lastverteilung
• zu hohe Geschwindigkeit
Absturz der Ladung  • Ladung unzureichend gesichert
• Kleinteile lösen sich
• Verpackung fehlerhaft
Verletzungen der Gelenke, Sehnen und Bänder beim Auf- oder Absteigen vom Stapler• Absprung aus grosser Höhe
• unebener Untergrund
• Abrutschen von Stufen

Während ein kippender Stapler und Verletzungen beim Auf- und Absteigen die Personen betreffen, die den Stapler führen, gefährden herabstürzende Lasten und Anfahrunfälle vor allem unbeteiligte Dritte. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass nicht nur die fahrzeugführenden Personen regelmässige Sicherheitsunterweisungen erhalten, sondern dass das gesamte Personal in Lager- und Produktionshallen mit Staplerbetrieb von einem Sicherheitsbeauftragten über die Gefahren aufgeklärt wird und eine gut sichtbare Sicherheitskennzeichnung zur Vorsicht mahnt.

Sicher Gabelstapler fahren: So minimieren Sie das Unfallrisiko

Beachten Sie folgende Hinweise, um Unfälle zu vermeiden und einen Gabelstapler sicher zu bedienen:

  1. Gabelstapler sollten nur von befugten Personen mit entsprechender Ausbildung und schriftlicher Beauftragung durch den Betrieb geführt werden:

    Schützen Sie den Stapler vor unbefugten Zugriffen, indem der Schlüssel immer abgezogen und an einem sicheren Ort aufbewahrt wird. Je nach Modell und Ausführung lässt sich der Stapler auch über Chipkarten oder PIN-Codes gegen unbefugten Zugriff absichern.

  2. Sicherheits- und Wiederholungsunterweisungen am Gabelstapler:

    Gründliche und regelmässige Unterweisungen erinnern Ihre Angestellten daran, welche Sicherheitsvorschriften im Umgang mit Staplern gelten und wie diese in der Praxis umzusetzen sind.

  3. Betriebsanweisung zum Verhalten in Arbeitsbereichen mit Staplerbetrieb:

    Sie dient als Basis für die Schulung aller Mitarbeitenden und wird anschliessend an den entsprechenden Stellen im Betrieb ausgehängt.

  4. Persönliche Schutzausrüstung im gesamten Arbeitsumfeld:

    Dazu gehört das Tragen von Schutzhelm, Sicherheitsschuhen und Warnweste (im Aussenbereich).

  5. Tägliche Sicht- und Funktionsprüfung des Staplers vor dem Arbeitsantritt:

    Technische Mängel können Sie mit einer täglichen Sicht- und Funktionsprüfung direkt vor dem Einsatz erkennen und den defekten Stapler bei Bedarf aus dem Verkehr ziehen. Die Prüfung muss auch für alle Anbaugeräte durchgeführt werden.

  6. Regelmässige Reparatur und Instandhaltung:

    Der Hersteller oder entsprechend zertifizierte Unternehmen führen die Jahresprüfung (FEM-Prüfung) sowie Wartungsarbeiten im Rahmen von Wartungsverträgen durch, damit Gabelstapler vorschriftsmässig funktionieren. Der Prüfnachweis wird mit einer Plakette am Stapler ausgewiesen. Ohne einen solchen Prüfnachweis dürfen Sie den Gabelstapler nicht fahren.

  7. Vorschriftsmässige Nutzung und Kennzeichnung der Verkehrswege:

    Verkehrswege müssen breit genug sein, von Hindernissen freigehalten werden und mit Bodenmarkierungen und Warnschildern ausreichend gesichert sein. Werden die Gänge gleichzeitig als Förder- und Fusswege genutzt, ist eine Absperrung empfehlenswert. Panoramaspiegel an Kreuzungen verhindern die Gefahr von Zusammenstössen. Der zusätzliche Einsatz der Hupe beim Abbiegen warnt Mitarbeitende vor.

  8. Geschwindigkeitsbegrenzungen einhalten:

    Bewegen Sie den Stapler mit einer maximalen Geschwindigkeit von 8 km/h auf dem Betriebsgelände (bei schwerer Ladung ggf. auch langsamer), damit ein Abbremsen bei unvorhergesehen Hindernissen sofort möglich ist.

  9. Sorgen Sie für gute Sicht:

    Dazu gehört, immer mit abgesenkter Last zu fahren. Ist der Sichtbereich dennoch eingeschränkt, sollten Sie den Stapler rückwärts bewegen. Ausserdem ist es sinnvoll, auch bei guter Beleuchtung am Gabelstapler zur Sicherheit das Licht einzuschalten.

  10. Kippgefahr vermeiden:

    Sie dürfen den Stapler nur mit abgesenkter Last bewegen. Rampen und Steigungen müssen gerade angefahren und Gefälle am besten rückwärts bewältigt werden. Damit Gabelstapler bei Kurvenfahrten nicht kippen können, ist auch hier eine gedrosselte Fahrgeschwindigkeit empfehlenswert.

  11. Ladung gut sichern:

    Das kann je nach Lastart z. B. mit Gurten oder durch eine geeignete Ladungssicherung mit Stretchfolie erfolgen. Vor der Aufnahme mit den Gabelzinken sollten Sie sowohl Paletten als auch die Ladung auf Schäden überprüfen. Antirutsch-Auflagen schützen zusätzlich das Transportgut und erhöhen die Arbeitssicherheit.

  12. Elektronische Fahrerassistenten nutzen:

    Diese verbessern die Sicherheit, indem sie Warntöne bei Kipp-, Kollisions- oder Absturzgefahr abgeben.

Ist das Staplerfahren ohne Flurfördermittelschein möglich?

Beim Umgang mit Flurförderzeugen ist die Schulung und Ausbildung der fahrzeugführenden Personen eine entscheidende Voraussetzung für die Arbeitssicherheit. Allerdings gelten für bestimmte Stapler-Modelle und Arbeitssituationen jeweils eigene Bestimmungen. Generell gilt:

  • Für Flurförderzeuge, die keinen Fahrersitz oder Fahrerstand haben (Kategorie S), die also gezogen oder geschoben werden, brauchen Sie keinen Staplerschein. Dazu gehören zum Beispiel Stapler mit Mitgängerbetrieb. Solche Stapler dürfen Sie ohne Schein auf dem gesamten Betriebsgelände bewegen.
  • Um einen Stapler mit Mitgängerbetrieb zu führen, ist jedoch eine Unterweisung vorgeschrieben, die vor der ersten Bedienung durch die Mitarbeitenden stattfinden und schriftlich dokumentiert werden muss.
  • Für Stapler mit Fahrersitz oder -stand (Kategorie R) brauchen Sie den Staplerschein, selbst wenn Sie sich damit nur in einer Lagerhalle oder auf dem Betriebsgelände bewegen.
  • Voraussetzung für den Staplerschein ist die gesundheitliche und psychische Eignung, die bei einer ärztlichen Untersuchung geprüft wird.
  • Um auf öffentlichen Strassen einen Gabelstapler zu fahren, brauchen Sie ausserdem den Führerausweis der Kategorie F.

So lernen Sie das Gabelstaplerfahren

Wenn die nötigen Voraussetzungen (Beauftragung des Betriebs und persönliche Eignung) gegeben sind, können Sie sich bei einer zertifizierten Ausbildungsstätte für die Schulung zum Staplerfahrer oder zur Staplerfahrerin anmelden.

Die Grundausbildung besteht aus einem Basismodul und zwei Zusatzmodulen für Ihre gewünschte Unterkategorie R1-R4. Die Ausbildung dauert insgesamt vier Tage für Erstauszubildende sowie zwei Tage für bereits Erfahrene und beinhaltet neben dem Theorieunterricht auch Praxiseinheiten. Für Erstauszubildende ist ausserdem eine Lernfahrt vorgesehen. Sowohl Theorie als auch Praxis müssen Sie jeweils mit einer Prüfung abschliessen. Die Theorieprüfung ist eine schriftliche Prüfung mit Multiple-Choice-Fragen. Falls Sie diese nicht bestehen (mehr als 10 % Fehlerpunkte), können Sie die Prüfung wiederholen. Die praktische Prüfung entspricht einem Arbeitsauftrag und beinhaltet eine Prüfungsfahrt sowie einen Prüfungsparcours. Auch diese Prüfung können Sie wiederholen, falls erforderlich.

Selbst wenn Angestellte bereits einen Staplerschein haben und dadurch formell einen Gabelstapler fahren dürfen, ersetzt das nicht die betriebliche Einweisung an ihrem zukünftigen Arbeitsgerät. Dabei werden spezielle Funktionen des Modells sowie die innerbetrieblichen Vorschriften noch einmal detailliert erklärt.

FAQ zur Gabelstapler-Sicherheit

Was gefährdet die Sicherheit im Umgang mit dem Stapler?

Zu den meisten Arbeitsunfällen im Zusammenhang mit Gabelstaplern kommt es aufgrund schlechter Sicht, Überschreitung der Traglast, falscher Lastenverteilung, unzureichender Ladungssicherung und zu hoher Geschwindigkeit. Diese Faktoren führen im schlimmsten Fall zu Anfahrunfällen, zum Absturz der Ladung oder zum Kippen des Staplers.

Gibt es Tipps, um die Sicherheit im Umgang mit dem Stapler zu erhöhen?

Ausgebildetes und gut geschultes Personal, regelmäßige Funktionsprüfungen des Staplers, Einhaltung von Arbeitsschutz- und Sicherheitsvorschriften sowie die sorgfältige Ladungssicherung und eine umsichtige Fahrweise auf dem Betriebsgelände verringern das Unfallrisiko deutlich.

Welche gesetzlichen Grundlagen regeln den Einsatz von Gabelstaplern?

Die Deutsche Gesellschaft für Unfallversicherung (DGUV) regelt in der Unfallverhütungsvorschrift für Flurförderzeuge DGUV-Vorschrift 68 sowie der ergänzenden Durchführungsanordnung alle Aspekte des Einsatzes von Gabelstaplern im Betrieb. Die Regelungen zur Ausbildung und Beauftragung der Fahrer finden Sie im DGUV-Grundsatz 308-001. Darüber hinaus gelten die allgemeinen Bestimmungen aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV).

Welche Stapler darf ich nur mit Staplerschein fahren?

Für Flurförderzeuge mit Fahrersitz oder -stand wie Gabelstapler oder Teleskoplader (Kategorie R) brauchen Sie den Staplerschein, selbst wenn Sie sich damit nur in einer Lagerhalle oder auf dem Betriebsgelände bewegen.
Wollen Sie auf öffentlichen Strassen einen Gabelstapler fahren, brauchen Sie ausserdem den Führerausweis der Kategorie F.

Bitte beachten Sie: Die hier erwähnten Vorschriften sind nur eine Auswahl der wichtigsten gesetzlichen Vorgaben. Detaillierte Informationen lesen Sie dazu in den aufgeführten und ggf. weiteren Vorschriftensammlungen und Gesetzestexten nach. Bei der konkreten Umsetzung im Betrieb können und sollten im Zweifel außerdem Sachverständige hinzugezogen werden. 

Bildquelle: JH AG